[Infos zum Stück]
Hedda Gabler
von Henrik Ibsen
"Rastlos und etwas derb", GT vom 06.11.2007
Mal ist sie die trinkende
und polternde Verführerin
im Seidennegligée. Dann
wieder die zickige Diva, die ihrer
Rebellion mit schneller,
spitzer Zunge Befriedigung
verleiht. Auch das zahme Kätzchen
mimt sie gekonnt. Etwa
wenn sie mit lasziv räkelnden
Bewegungen ihre Vorzüge unter
die Männer bringt.
Es gibt wohl keine unkonventionelle
Rolle, die Hedda
Gabler (überzeugend: Christina
Schubert) nicht bedient:
Nur die der braven Anstandsfrau
im kleinbürgerlichen Normenkosmos
des späten 19.
Jahrhunderts ist ihr zuwider.
Vielmehr giert dieser rastlose,
leichtsinnige und etwas derb
angehauchte Charakter nach
Abwechslung von der langweiligen
Spießerexistenz, nach ein
wenig mehr Freiheit. Fürs Materielle
sorgt der betuchte,
doch alles andere als rebellische
Ehemann Jörgen Tesman
(Christian Rüdiger). Die innere
Unruhe, die chronisch auftretende
Langeweile, diesen Lebensekel
kann er Hedda dennoch
nicht nehmen.
Die schauspielerische Leistung
des Ensemble im Göttinger
Theater im OP ist beachtlich,
wenn auch nur an einigen
Stellen eine wirkliche Glanzleistung
hervorblitzt, wie im Fall
der etwas biederen Figur Thea
Elvstedt (Dorothee Emsel).
Regisseur Thomas Rühling balanciert
in dem düsteren Ibsen-Drama von 1890 die Kontraste
zwischen Altmodischem und
Brandaktuellem aus und schafft
so eine thematische Verbindung
in die heutige Zeit: Etwa
wenn das siebenköpfige Ensemble
zwischen spärlichem
Ikea-Mobiliar agiert, sich eines
Computers bedient, um E-Mails
zu verschicken oder von
einem Plasmabildschirm
spricht. Diese modernen Zutaten
sorgen zwar für Lacher, sind
aber bisweilen nicht ganz angebracht.
Alles wirkt so, als könne
sich diese Tragödie auch in unseren
Wohnzimmern abspielen.
Mit dem Unterschied, dass
hinterher kein Publikum euphorisch
applaudiert.
Von
Katharina Bednarz