Nach
dem Tode ihres Mannes verordnet Bernarda Alba ihren fünf
Töchtern eine achtjährige Trauerzeit, in der nicht einmal
der Wind Eingang in das Haus finden soll. Isolation und Nichtstun
bestimmen von nun das Leben der Töchter. Und dazu ein weitere
Qual: Die Aussteuer muss gestickt werden für eine Hochzeit, die
nie stattfinden wird, denn nur der Ältesten ist es durch
eine ausreichende Erbschaft möglich, standesgemäß
zu heiraten. Neidisch schielen die Schwestern auf den jungen,
attraktiven Zukünftigen, der nun allabendlich vor dem Fenstergitter
der Ältesten erscheint.
Hass und Missgunst machen sich breit. Keine gönnt ihn der
anderen, sie kontrollieren und belauschen einander und suchen
doch alle verzweifelt einen Ausweg für ihre eigenen Sehnsüchte.
Gesellschaftliche Tabus und Normen werden von der Hausherrin Bernarda
Alba ins Extreme pervertiert, so dass alles Leben im Hause stagniert.
Keine menschliche Regung, kein Gefühl ist mehr wichtig, wenn
nur das Ansehen des Hauses bestehen bleibt.
Die drückende Hitze und Langeweile frisst sich in die unterdrückten
Leiber und jedes gesprochene Wort bleibt verhaltene Rede gegenüber
all dem Wissen voneinander, das niemand auszusprechen wagt. Die
jüngste Tochter bricht schließlich aus der vorgeschriebenen
Ordnung aus, sie wehrt sich gegen die Erstarrung, die im Hause
herrscht und gibt ihren Sehnsüchten nach. Doch vergebens: Aus
dem Trauerhaus wird ein Totenhaus.
"Bernarda Albas Haus" ist das letzte Drama des andalusischen
Dichters García Lorca. Er beendete es genau zwei Monate
vor seiner Ermordung 1936 durch die Falangisten. García
Lorca, der bedeutendste spanische Dichter des 20. Jahrhunderts,
hat in seinen Frauengestalten Psychogramme der inneren Despotie
entworfen. Er zeigt verinnerlichte Strukturen einer totalitären
Gesellschaft, die alle Vitalität nicht bloß unterdrückt,
sondern geradezu abtötet.
Aus den Verboten des Redens, Träumens und Liebens aber erwächst
eine maßlose Sehnsucht des ungelebten Lebens, - eine Kraft
der Rebellion oder der Selbstzerstörung, von der Lorca am
Vorabend des spanischen Bürgerkrieges sehr genau zu erzählen
weiß.
Inszenierung: Andrea Thiesen
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