Deutsche Erstaufführung |
Gyubal
Wahazar
Ein nichteuklidisches Drama
von Stanislaw Ignazy Witkiewicz
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Szenenfotos |
Kritik
des GT |
Gyubal Wahazar, der Unaussprechliche, ist der moderne Zarathustra
und zugleich ein selbstverliebter Märchenkönig. Seine
übermenschliche Kraft speist sich aus den Drüsen, die
die Welt verändern sollen. Titan-Drüsen. Die Weltformel.
Doch seine wilde, junge Energie kennt kein Ziel und streut in alle
Richtungen. Erst das kleine Mädchen Swinchen kann Wahazar den
Schrecken der Einsamkeit der Mächtigen nehmen.
Doch dann kommt alles anders, als der ehemalige Physiklehrer Wahazars
auftaucht, der jetzt, im hohen Greisenalter Sektenführer eines
Glaubens an das absolute Wissen geworden ist und von seinem Schüler
die ihm gebührende Demütigung fordert.
Als Stanislaw Ignacy Witkiewicz (1885-1939) das absurde Drama "Gyubal
Wahazar Oder Auf den Passhöhen des Unsinns" 1921 schrieb,
war er bereits als Porträtist und Mitglied der Krakauer Künstlergruppe
der "Formisten" in Polen bekannt. Als Romancier und Dramatiker erlangte
er erst nach seinem Freitod 1939 größere Berühmtheit.
Heute gilt er fr viele Polen als der Begründer des Absurden
Theaters, der es wie kein zweiter verstand, die düstere, katastrophenahnende
Stimmung der Goldenen Zwanziger wiederzugeben und von Gombrowicz
bis Mrozek die polnische Bühne prägte. Wie in der Bildenden
Kunst - er war begeisterter Anhänger Picassos und selbst
Kubist - so forderte er auch im Theater die Autonomie
der Kunst von Nützlichkeit und direktem Weltbezug.
Im Gegensatz zum Dadaismus, der in Zürich zur gleichen Zeit
entstand und in mehreren europäischen Metropolen Beifall fand,
ging es Witkiewicz (oder "Witkacy", wie er sich später nannte)
aber nicht um die experimentelle Form, die völlig losgelöst
als l'art pour l'art existiert. Die Kunst soll das "metaphysische
Entsetzen", die Einsamkeit und Verlorenheit in der Welt vergegenwärtigen.
In seiner "Theorie der Reinen Kunst" (1920) beschreibt er, dass
diese stark formalistisch ausgerichtete Kunst sowohl aus dem eigenen
"metaphysischen Gefühl" des Künstlers, der Einsicht über
das unbedingte Alleinsein in der Welt, entsteht und dasselbe wiederum
beim Betrachter auszulösen vermag. Ähnlich wie im griechischen
Theater wird bei Witkacy das Theatererlebnis zu einer religiösen
Erfahrung statt eine rein intellektuelle Auseinandersetzung zu sein.
Witkacy selbst zu seinem Theater: "Beim Verlassen des Theaters muss
der Mensch den Eindruck haben, aus einem merkwürdigen Traum
zu erwachen, in dem sogar die gewöhnlichsten Dinge einen merkwürdigen,
unergründlichen Zauber besaßen...".
Die theatralischen Mittel, die Witkacy anwandte, besitzen im Kern
stets die Deformation der alltäglichen Lebenswirklichkeit.
Die Charaktere erleben auf der Bühne eine groteske Ausprägung
wie sie schon der Urvater aller absurden Herrscher auf der Bühne,
"Ubu-Roi" von Alfred Jarry (1898) erfahren hatte.
Während Witkacy in Polen und Frankreich heute noch häufig
gespielt wird, bleibt er in Deutschland den Spezialisten überlassen.
Gelegentlich kommen hier nur seine bekanntesten Stücke wie
"Die Verrückte Lokomotive" (1923) oder "Die Schuster" (1934)
zur Aufführung, zahlreiche weitere Bühnentexte blieben
uns aber bislang verborgen.
"Gyubal Wahazar" wird als deutsche Erstaufführung ins ThOP
kommen.
Mit
Dirk Böther in der Titelrolle, Johanna Teckemeyer als "Swinchen"
sowie Martin Liebetruth als greisenhafter Sektenfhrer "Pater Unguentius"
und vielen mehr.
Mit der Inszenierung gibt Tanja Weidner ihr Regie-Debüt.
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Karten
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wie
immer in der Z-Mensa zwischen 12-14 Uhr oder unter 0551
- 39 70 77
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